Zu dieser Einsicht kam das Oberlandesgericht Oldenburg als es einen Rechtsstreit zwischen zwei Radfahrern klären musste. Vorausgegangen war, wie unter anderem das Portal anwaltsregister.de berichtet, eine Kollision zwischen den beiden Radlern, als ein Radfahrer den anderen überholen wollte. Grund des Zusammenstoßes war die unsichere Fahrweise des Vorausfahrenden, der genau im Überholvorgang des Nachfahrenden nach links ausscherte. In der Folge musste der überholende Radler ins Krankenhaus und physiotherapeutisch betreut werden. Daraufhin klagte er auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Das Landgericht lehnte diese Forderung allerdings mit der Begründung ab, dass der Kläger aufgrund des fehlenden Mindestabstands nicht hätte überholen dürfen.
Als das Oberlandesgericht den Fall überprüfte, kippte es die Entscheidung der ersten Instanz. Allerdings erhielt der Geschädigte nur 50 Prozent Schadenersatz und 3.500 Euro Schmerzensgeld. Das Gericht argumentierte, dass bei Überholvorgängen zwischen Radfahrern der Sicherheitsabstand von eineinhalb bis zwei Meter nicht gelten könne, da sich sonst Radler im gesamten Stadtgebiet Oldenburg nie überholen könnten. Ausschlaggebend seien vielmehr die konkreten Umstände im Einzelfall. Und hier sprach das Gericht dem Überholenden eine Mitschuld von 50 Prozent zu, da er hätte erkennen können, dass der vorausfahrende Fahrradfahrer nicht besonders sicher auf seinem Rad unterwegs war.
Oberlandesgericht Oldenburg
Aktenzeichen 2 U 121/21