Über folgenden Fall berichtet das Portal onlineurteile.de: Auf einer Landstraße fuhr ein Autofahrer längere Zeit hinter einem Pkw her, der trotz der erlaubten 100 km/h nur rund 50 km/h fuhr. Als der Mann schließlich den Überholvorgang einleitete, bog der Wagen vor ihm unvermittelt nach links in eine Einfahrt ab – die beiden Wagen kollidierten.
Der Sachverhalt landete vor Gericht. Dort behauptete der Linksabbieger, er habe geblinkt, der Überholer und seine Beifahrerin verneinten das – ein Widerspruch, den das Gericht nicht auflösen konnte. Dennoch waren sich die Richter einig: Der Linksabbieger muss alleine für den Schaden aufkommen. Er habe gegen alle anderen Pflichten eines Linksabbiegers verstoßen und damit den Unfall verursacht. Sowohl das Einordnen zur Mitte der Straße hin als auch die Rückschaupflicht habe er missachtet.
Linksabbieger trägt Risiko nahezu allein
Laut seinen eigenen Angaben habe der Linksabbieger nach einer Wendemöglichkeit gesucht und die Einfahrt auf der linken Seite spontan dafür nutzen wollen. Das Gericht wies darauf hin, dass Linksabbieger sich vergewissern müssen, dass sie dies gefahrlos tun können – auch, wenn sie nicht an einer Kreuzung, sondern in eine Hofeinfahrt abbiegen. Weil die Anforderungen an die Sorgfalt des Autofahrers in diesem Fall so hoch seien, trage er das Risiko auch nahezu allein.
Den Überholer treffe keine Mitschuld. Es sei nicht bewiesen, dass der Linksabbieger tatsächlich geblinkt habe. Allein die Tatsache, dass der Wagen vor ihm langsamer gefahren sei, stelle keine unklare Verkehrssituation dar. Das Überholmanöver war damit zulässig.
Oberlandesgericht Hamm
Aktenzeichen I-7 U 33/20