Eine Autofahrerin stieß abends und innerorts mir ihrem Auto rechts vorn gegen die linke Heckseite eines Expeditionsfahrzeugs. Man habe das Fahrzeug in der Dunkelheit nicht erkannt, verteidigte sie sich. Vor Ort ergab sich ein anderer Eindruck: Die Straße war durch Laternen beleuchtet, das Nummernschild des Expeditionsfahrzeugs war beleuchtet. Rote Rückstrahler fehlten jedoch. Sie selbst war zu schnell unterwegs. Die Autofahrerin wollte nur ein Drittel des Schadens übernehmen, der Fahrer des Expeditionsfahrzeugs wollte dagegen den ganzen Schaden ersetzt haben und klagte.
Das Oberlandesgericht Hamm sprach ihm 60 Prozent des Schadenersatzes zu. Die Autofahrerin habe gegen das Sichtfahrgebot aus Paragraf 3 Abs. 1 StVO verstoßen, indem sie so schnell gefahren sei, dass sie nicht innerhalb der übersehbaren Strecke habe anhalten können, stellte das Gericht klar. Vor allem innerorts habe sie auch abends mit unbeleuchteten Hindernissen – also etwa mit geparkten Fahrzeugen – rechnen müssen.
Der Fahrer des Expeditionsfahrzeugs hat laut OLG Hamm nicht gegen die erhöhte Beleuchtungspflicht gemäß Paragraf 17 Abs. 4 Satz StVO verstoßen. Sein Fahrzeug wäre rechtzeitig zu sehen gewesen, hätte sich die Klägern an das Sichtfahrgebot gehalten – und das reiche. Gegen Verkehrsteilnehmer, die schneller als erlaubt fahren, habe er keine Maßnahmen treffen müssen.
Allerdings lasse sein Fahrzeug zwei rote Rückstrahler vermissen, und das mache die Mithaftung in Höhe von 40 Prozent aus, führte das Gericht weiter aus. Damit habe er gegen Paragraf 23 Abs. 1 Satz 4 StVO (einfache Beleuchtungspflicht) in Verbindung mit Paragraf 53 Abs. 4 StVZO verstoßen. Mit diesen Strahlern hätte es keinen Unfall gegeben.
Oberlandesgericht Hamm
Aktenzeichen 7 U 38/18